"Den Menschen als Menschen begegnen"
Mit Idealismus und Herz: Ärzte und DRK betreuen Flüchtlinge medizinisch
Das Provisorium gehört schon lange der Vergangenheit an. Ende Dezember ist die Sanitätsstation, zuvor in einem Container in der Zeltstadt untergebracht, in eine feste Behausung umgezogen. Im neuen Medical Center geht es zu wie in einer normalen Arztpraxis. Es herrscht ein Kommen und Gehen. Kleine und große Patienten mit ihren mehr oder minder schweren gesundheitlichen Problemen. Und mittendrin Dr. Ulrike Alpers, die sich für die Menschen Zeit nimmt, Herzlichkeit ist sofort zu spüren, Berührungsängste gibt es nicht.
Das Deutsche Rote Kreuz im Rhein-Hunsrück-Kreis betreut und versorgt seit dem Sommer 2015 am Flughafen Hahn Flüchtlinge. Sozial und medizinisch. Bei der Unterkunft handelt es sich um eine Außenstelle der AfA (Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende) Hermeskeil. "Es musste geholfen werden, da packt man mit an." Dr. Alpers, bei der die Fäden in puncto ärztliche Versorgung zusammenlaufen, musste nicht lange überlegen. Für sie war rasch klar, dass sie sich hier - zusätzlich zu ihrer Tätigkeit im Ärztezentrum Büchenbeuren - einbringen will. Mit Idealismus, Herz, Fürsorge und Sachverstand.
Am Anfang wurde viel improvisiert, Erfahrungswerte gab es nicht. "Es hat sich sehr schnell gezeigt, dass hier regelmäßig ein Arzt vor Ort sein muss", macht die erfahrene Medizinerin deutlich. In den ersten Wochen im August stemmte sie diese Aufgabe alleine. Rasch fanden sich weitere Mitstreiter aus der Ärzteschaft, heute kann sie auf einen Pool von zehn Ärzten, fast alle Fachärzte, zurückgreifen. Davon gehören vier Mediziner zum festen Stamm. Organisiert wird der Dienstplan per Internet-Kalender. Inzwischen ist an sieben Tagen die Woche für mindestens zwei Stunden ein Arzt präsent, montags sogar zwei. Die Arbeit der Ärzte erfolgt in enger Abstimmung mit dem DRK-Kreisverband und dem Simmerner Gesundheitsamt. Das Thema Flüchtlingshilfe ist Dr. Ulrike Alpers nicht fremd, hat sie doch das Café International in Büchenbeuren mit aufgebaut.
Martin Maser, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Rhein-Hunsrück, ist vom Einsatz und Organisationstalent der Mediziner und des gesamten Teams immer wieder neu fasziniert. "Die Flüchtlinge haben im Medical Center das Gefühl, hier werde ich mit meinen Beschwerden ernst genommen, man kümmert sich um mich." Im Medical Center arbeiten drei hauptamtliche Kräfte – ein Rettungsassistent und zwei Krankenschwestern. Die Sanitätsstation ist von morgens 8 Uhr bis abends 19 Uhr besetzt. Insgesamt sind in der Unterkunft um die 25 hauptamtliche sowie rund 20 ehrenamtliche Helfer tätig, diese enge Kooperation in den Augen des Kreisgeschäftsführers ein Erfolgsrezept.
Waren es in der Anfangsphase rund 670 Flüchtlinge, die das DRK am Flughafen Hahn betreute, sind es derzeit deutlich weniger. "Die Zahlen sind nicht statisch", schildert Martin Maser. Über 2000 seien es insgesamt bislang gewesen. Für alle Beteiligten anfangs eine ungeheure Herausforderung, heute ist so etwas wie eine professionelle Routine eingekehrt, das Team ist eingespielt. "Zunächst kamen meist junge, gesunde Männer an, die aber von den Strapazen der Flucht gezeichnet waren", erinnert sich Dr. Ulrike Alpers. "Sie hatten kaputte Füße, Hautausschläge und manches mehr. Und im Oktober gab es eine richtig dicke Erkältungswelle." Mittlerweile spiegele sich in der Unterkunft eine Durchschnittsbevölkerung wider. "Vom Neugeborenen bis um die 60 Jahre alt." Und damit habe sich auch das Spektrum der Krankheiten geändert. Etwa Bluthochdruck bei den älteren Patienten. Die Arbeit sei mit einer normalen Allgemeinpraxis vergleichbar.
Und so sieht es im Medical Center auch aus, Warteraum, Untersuchungsbereich, Liegen, Notfallrucksack, medizinisches Equipment. Etwa ein ausrangiertes, aber voll funktionsfähiges Ultraschallgerät, das ein Arzt zur Verfügung gestellt habe, berichtet Dr. Alpers erfreut. Über mangelnde Unterstützung kann sie nicht klagen, so habe eine Apotheke 1000 Dosen Grippe-Impfstoff bereitgestellt.
"Die Verständigung ist nicht unser Problem", sagt Dr. Ulrike Alpers. Hilfreich für das Gespräch zwischen Arzt und Patient ist ein bebildertes Handbuch in deutscher, französischer und arabischer Sprache. Ihrem Team zollt sie ein dickes Lob: "Wir haben einen Pool von fähigen Helfern, die eigenständig arbeiten."
Das Credo der Ärztin aus dem Hunsrück: "Ich stehe zu den Flüchtlingen. Wir zeigen ihnen, dass wir sie als Menschen hier annehmen und aufnehmen. Ohne Vorbehalte. Den Menschen als Menschen begegnen." Darum gehe es ihr. Sie spüre in ihrer Arbeit ein hohes Maß an Dankbarkeit und Vertrauen. Sie habe das "Gefühl, den Flüchtlingen beim Start hier in Deutschland ein wenig helfen zu können".
Auf die Frage, ob noch etwas auf der Wunschliste steht, fällt ihr spontan ein Spielplatz mit einem Klettergerüst ein. Das sei einem gesunden Aufwachsen der Kinder zuträglich. Gleichzeitig appelliert sie an interessierte Ärzte, bei der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge mitzumachen, sie können sich unter Telefon 06543/507782 und bei Dr. Ulrike Alpers melden.